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Wie kann mein Kind zweisprachig werden ?



Eine große Mehrheit der zweisprachigen Kinder entwickelt diese Fähigkeit auf natürliche Art: sie wachsen in einer Umgebung auf, die zwei oder mehr Sprachen benötigt. Bei günstigen psychosozialen Faktoren entwickelt sich ihre Zweisprachigkeit ohne sprachliche Planung durch Familie oder Freunde. Immer mehr Eltern wollen aber die zweisprachige Entwicklung ihrer Kinder ab einem frühen Alter steuern. Sie lesen Artikel und Bücher oder surfen im Web, wo eine stetig wachsende Zahl von Websites diesem Thema gewidmet ist. Daher ist es wichtig, ein "Sprach-Projekt" zu etablieren, in dem sich die Eltern die Schritte anschauen können, wie ihr Kind zweisprachig wird und bleibt.
Fünf Fragen sind besonders wichtig:

1. Ab wann sollte man die Zweitsprache lernen?
Es ist ein Mythos, man könne echte Zweisprachigkeit nur erlangen, wenn beide Sprachen ab einem sehr frühen Alter erlernt werden. Wie bereits in einem früheren Post erwähnt, ist es möglich, zu jeder Zeit des Lebens zweisprachig zu werden: ob Kindheit, Jugend und selbst im Erwachsenenalter. Das ist vorteilhaft, wenn man bedenkt, dass ein Großteil der zweisprachigen Kinder zuerst eine Sprache in ihren Familien lernt. Sie sind also einsprachig bevor Sie ihre zweite Sprache später in der Schule lernen.
2. Welche Sprachstrategie sollten Sie zu Hause verfolgen?

Eltern, die sich dazu entscheiden, ihren Kindern beide Sprachen ab einem frühen Stadium beizubringen, nutzen oft eine Sprachstrategie. Am bekanntesten ist die sogenannte "Ein Elternteil, eine Sprache", bei der jeder Elternteil eine andere Sprache mit dem Kind spricht. Der Vorteil ist, dass das Kind von Anfang an und ganz natürlich doppelte Sprachkenntnisse erwirbt.
Der große Nachteil ist aber, dass eine der beiden Sprachen meist eine Minderheit in der Region oder dem Land ist und sich das Kind schon bald für den einzigen Gebrauch der wichtigeren Sprache entscheidet, vor allem wenn die Eltern auch zweisprachig sind.
Eine zweite Strategie, "Eine Sprache zu Hause, die andere außerhalb", ist nach aktuellen Studien die Geeignetste. Hier entscheiden sich die Eltern dazu, das Kind eine Sprache (meist die Minderheitensprache) zu Hause sprechen zu lassen und die andere Sprache (oft die Sprache der Mehrheit) außerhalb der Familie.
Schließlich entscheiden sich einige Eltern für die Strategie "Eine Sprache, und dann die andere". Bei dieser Strategie wird mit einer einzigen Sprache, vorzugsweise der niedrigeren, begonnen bis sie gut etabliert ist und später dann wird die andere gelehrt. Diese Strategien werden in vielen Büchern und fachlichen Webites zum Thema Zweisprachigkeit erläutert.
3. Wird das Kind das Gefühl, ein echtes Bedürfnis haben, jede Sprache zu verwenden?
Kinder sind schrecklich pragmatisch, wenn es um Sprachen geht. Nur wenn sie wirklich zwei oder mehr Sprachen benötigen, werden sie zwei- oder mehrsprachig. Sobald die Notwendigkeit schwindet, werden sie zur Einsprachigkeit zurückzukehren. Für sie ist der Nutzen der Sprache klar: eine Sprache, um mit Eltern oder Verwandten zu kommunizieren, um sich an Aktivitäten mit anderen Kindern in der Schule oder auf dem Spielplatz zu beteiligen, um mit Menschen aus der ganzen Familie oder der Nachbarschaft zu interagieren, usw.
Wenn Sie spüren, dass der Bedarf da ist und wenn andere Faktoren vorhanden sind (siehe unten), dann werden sie die Sprache erwerben. Wenn die Notwendigkeit verschwindet, bzw. wie in dem Fall dass ein Elternteil die andere Sprache fließend spricht aber es nicht möchte, nie da war, gerät die Sprache nach und nach in Vergessenheit.
4. Wird das Kind genug Sprachinput erhalten?
Um eine Sprache zu entwickeln, benötigt das Kind genug Sprachinput in verschiedenen Situationen von Menschen, die in seinem Leben eine wichtige Rolle spielen, z.B. Eltern, Verwandte, Freunde, Lehrer, benötigt.
Die Forschung von Professor P. Kuhl hat insbesondere gezeigt, dass Kindern Beiträge aus audiovisuellen Quellen (TV, DVD, Hörbuch, etc.) nicht reichen, um Laute einer spezifischen Sprache richtig zu entwickeln und daher akustischen Input von realen Personen benötigen, die mit ihnen interagieren. Der Input muss zweisprachig sein aber auch von Personen stammen, die nur Kenntnisse von einer der beiden Sprachen haben, also Muttersprachlern. Später wird die Schriftsprache eine große Hilfe bei der Entwicklung von Vokabular, Syntax sowie kulturellen Aspekten sein.
5. Welche Hilfe wird es noch geben?
Das Benutzen einer der Sprachen von anderen Familienmitgliedern, wie z.B. den Großeltern, vor allem der Minderheitensprache, wird sehr wichtig für die Kinder sein. Neben dem Sprachinput, wird es den Wert der mit der jeweilgen Sprache verknüpft ist, anzeigen. Da Kinder sehr sensibel auf Einstellungen gegenüber Sprachen und die Zweisprachigkeit an sich reagieren, ist es wichtig, dass dieser Wert so positiv wie möglich ist.
Weitere Hilfe wird es von Profis wie Lehrern, Psychologen, Logopäden, Linguisten, usw. geben. Sie werden mit den Eltern diskutieren und ihnen helfen, Mythen und Realität rund um die Zweisprachigkeit zu unterscheiden.
Als Kind zweisprachig aufzuwachsen, ist ein zusätzlicher sprachlicher und kultureller Vermögenswert im Leben. Sorgfältige Planung sollte helfen, Enttäuschungen zu vermeiden und zu einer stabilen und erfolgreichen Zweisprachigkeit führen.

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